Die Energiewende schaffen wir nur gemeinsam und sozial verträglich; einen wesentlichen Beitrag können dazu alternative Energieanlagen beisteuern. In Wien gibt es zurzeit etwa 400.000 Einzelgasthermen und Brennwertgeräte. https://positionen.wienenergie.at/wissenshub/energie-dashboard/gasthermen-wien/

Gleichzeitig gibt es in Wien viele sanierte und unsanierte Wohnbauten aus den unter-schiedlichsten Epochen, welche auf mehr oder weniger großen Grundstücken – aber meist mit viel gemeinsamer Hoffläche – situiert sind. Je nach unbebauter / unverbaubarer Fläche ergibt sich hier die Möglichkeit einer Nutzung der Erdwärme durch sogenannte Tiefensonden mit Bohrlängen von 100-150 m.

Für eine sanierte Wohnung aus den 60iger Jahren von etwa 60-100 m² WNF würde im Schnitt eine Tiefensonde reichen, um die Wohnung in Kombination mit einer bivalenten Wärmepumpe mit Wärme und Kälte das ganze Jahr zu versorgen. Die Kosten für eine Wohnung würden hier allerdings nicht wirtschaftlich darstellbar sein. Aus diesem Grund muss die Energieversorgung für Wohngebäude zentralisiert werden. Dies bedeutet allerdings, dass hier die lokalen Gasthermen in den Wohnungen abgebaut und durch eine zentrale Anlage ersetzt werden müssen.

Eine weitere Variante stellen neue lokale stationäre Luftwärmepumpen dar. Hier werden anstatt der lokalen Gasthermen stationäre neue Luft-Luftwärmepumpen (neuer Bauart mit hoher Vorlauftemperatur) installiert. Voraussetzung ist entweder ein unausgebautes Dachgeschoß für die zugehörige Außeneinheit und die mögliche Installationsführung in den bestehenden Kaminfängen.

Im Falle eines ausgebauten Dachgeschoßes besteht die Möglichkeit die Außeneinheiten anstatt des Kaminkopfes aufzusetzen bzw. diese zwischen den Kaminköpfen zu situieren. Diese zentralen und dezentralen Anlagen sind einerseits mit erhöhten Investitionen verbunden, andererseits sind diese im Betrieb wesentlich günstiger (und nicht nur seit dem Krieg in der Ukraine) als Gasthermen und Brennwertgeräte. 2021 haben sich solche alternativen Energieanlagen nach 10-15 Jahren amortisiert; 2022 sank die Amortisationszeit auf 8-10 Jahre.

Dies bedeutet, dass sich die erhöhte Anfangsinvestition über die reduzierten Betriebskosten nach bis zu etwa 10 Jahren wieder ‚hereinspielen‘ können. Dies kommt aber nur zum Tragen, wenn jener der die Anfangsinvestition tätigt, auch in der Lage ist, in diesen 10 Jahren die Kosten wieder verdienen zu können. Ob das eine Eigentümergemeinschaft ist, oder ein institutioneller Bauträger, der die Wohnungen gem. Richtwertmiete vermietet, ist hier nun der entscheidende Punkt. Ein institutioneller Bauträger wird nur schwer zu überzeugen sein, dass er seine Bestandsbauten adaptieren soll, ohne dass er in der Lage ist, diese Kosten wieder ersetzt zu bekommen. Des Weiteren wird hier auch in die Mietgegenstände eingegriffen und dem/der MieterIn teilweise die Möglichkeit genommen für sich autark zu entscheiden

 

  1. Was ist also zu tun:

 

Die derzeitigen Regelungen zum Richtwertmietzins und insbesondere der Zu- und Abschläge sind schwer vorhersehbar, weil der Gesetzgeber die werterhöhenden beziehungsweise die wertmindernden Umstände nur ungenau im Mietrechtsgesetz festlegt. Zwar schreibt das Gesetz selbst, dass ein Zuschlag gebührt, wenn eine Abweichung vom Standard einer mietrechtlichen Normwohnung nach der allgemeinen Verkehrsauffassung und der Erfahrung des täglichen Lebens vorliegt; dabei ist jedenfalls auch die Ausstattung der Wohnung zu beurteilen, wozu eindeutig auch die Energieanlagen zu zählen sind. Aus aktueller Sicht kann (zumindest für Wien) festgehalten werden, dass die „Normwohnung“ mit einer Gasheizung ausgestattet ist. Wenn nunmehr ein/e EigentümerIn die Wohnungen mit alternativen (erneuerbaren) Energiequellen ausstattet, wird wohl ein Zuschlag aufgrund einer doch werterhöhenden Eigenschaft (klima- / zukunftsorientiert) rechtlich vertretbar sein. Immerhin gibt es bereits Entscheidungen, die in analoger Betrachtungsweise in diese Richtung gehen:

 

  • Unter anderem hat das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien mit der Entscheidung 38 R 121/06k vom 28.06.2006 (MietSlg 58.260) beurteilt, dass kein gesonderter Zuschlag für eine Gasetagenheizung zulässig ist, weil dies zusammengefasst die mietrechtliche Normwohnung darstellt.

 

  • Im Gegenzug hat der OGH mit der Entscheidung 5 Ob 224/13x einen 10%igen Zuschlag gewährt, weil das Gebäude generalsaniert und dabei eine Wärmedämmfassade angebracht Auch wenn sich der Zuschlag nicht an den tatsächlichen Investitionskosten des/der Eigentümers/Eigentümerin orientiert, sondern nur auf die werterhöhende Abweichung von der Normwohnung, hat der Oberste Gerichtshof festgehalten, dass sich ein zusätzlicher Wärmeschutz auf die Energiekosten des/der Mieters/Mieterin positiv auswirkt, weshalb ein Zuschlag gerechtfertigt ist.

 

Solange also noch nicht ein gesetzliches Verbot für Gasheizungen erlassen wird und auch noch nicht alle Wohnungen umgerüstet sind, wird ein Zuschlag für alternative Energiequellen – sofern sich diese auch positiv für den/die MieterIn auswirken – vertretbar argumentiert werden können. Unabhängig davon sieht das Mietrechtsgesetz derzeit keine Möglichkeit vor, dass die Investitionskosten für alternative Energiequellen anteilig auf den/die MieterIn überwälzt werden können. Dies deshalb, weil der/die EigentümerIn für diverse Investitionen selbst verantwortlich ist.

Es gibt derzeit im MRG nur eine (abweichende) Möglichkeit in § 18 MRG: die sogenannte „Sockelsanierung“. Der Mietzins kann dann für derartig dringende Sanierungsarbeiten angehoben werden, wenn die Mieteinnahmen der vergangenen 10 Jahre sowie der zukünftigen 10 Jahre nicht ausreichen, um diese Sanierungsarbeiten zu finanzieren. Allerdings ist die Anwendung dieser Regelung sehr heikel und muss jedenfalls durch die Schlichtungsstelle beziehungsweise durch das Gericht genehmigt werden. Aus derzeitiger Sicht gibt es keine Judikatur, die einen Zuschlag für alternative Energiesysteme in Mietwohnungen bestätigt. Aus unserer Sicht ist (zumindest derzeit und bis zum tatsächlichen Verbot von Gasheizungen) ein Zuschlag rechtlich vertretbar und kann gut vor Gericht argumentiert werden.

 

Welche Forderungen können an die Stadt Wien / den Bund in diesem Fall gestellt werden:

 

  1. Festsetzung von (zeitlich begrenzten) Zuschlägen zum Richtwertzins bis zum Zeitpunkt der Amortisation
  2. Festsetzung von (zeitlich begrenzten) Zuschlägen zum Richtwertzins bis zum Zeitpunkt der Amortisation bei gleichzeitiger Reduktion der Betriebskosten bzw. Übernahme der Betriebskosten durch Bauträger
  3. Absicherung von rechtlichen Rahmenbedingungen zum Eingriff in bestehende Mietverträge
  4. Absicherung von rechtlichen Rahmenbedingungen zum Eingriff in bestehende Energie-abnahmeverträge
  5. Absicherung von rechtlichen Rahmenbedingungen zum Eingriff in bestehende Allgemein-flächen
  6. vereinfachte Genehmigungsprozesse im Zusammenhang mit der MA19 / Bundesdenkmal-amt in Wien bzw. Erarbeitung von Lösungsmöglichkeiten in Bezug zum Stadtbild

Der Bundesgesetzgeber ist gefragt, hier etwaige Rahmenbedingungen für einen Eingriff in bestehende Mietverträge/Energieabnahmeverträge für alternative Energiequellen zu schaffen. Für die Vollziehung des MRG und des RichtWG ist das Bundesministerium für Justiz zuständig. Das bedeutet, auch nur dieses könnte mittels Verordnung vorübergehende Ergänzungsregelungen treffen, wie etwa einen zeitlich begrenzten Zuschlag.

DI Dr. Klaus Petraschka